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%T Erzählte Lebensgeschichten zwischen Fiktion und Wirklichkeit: zum Phänomen "falscher" Identitäten
%A Rosenthal, Gabriele
%E Diekmann, Irene
%E Schoeps, Julius H.
%P 216-235
%D 2002
%I Pendo Verl.
%K Interviewführung; narrative Interview; Holocaustforschung; Auswertung narrativer Interviews; erzählte und erlebte Lebensgeschichten; hermeneutischer Fallrekonstruktionen; Familiengeschichte
%@ 3-85842-472-2
%= 2009-08-12T16:49:00Z
%~ Methodenzentrum Göttingen
%> https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-56784
%X Der Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung des Holocaust arbeitet heraus, dass es auch in der Gruppe der Überlebenden Frauen und Männer gibt, die nicht nur einzelne Episoden in ihrem Leben umschreiben, sondern auch Erlebnisse, die einen ganz zentralen Teil ihrer Biographie bzw. Identität ausmachen. So kommt die Autorin z. B. bei einigen Frauen, die sexuelle Gewalt im Lager oder im Ghetto erlebt hatten, aufgrund der Fallrekonstruktionen zu der Hypothese, dass sie ihre ersten Ehemänner "erfanden", um damit ihre Defloration erklären zu können. Mit der Fiktion, es habe eine Heirat vor der Lagerzeit gegeben, muss dann noch etliches mehr erfunden werden, um auf die Nachfragen, vor allem von Familienangehörigen, entsprechende Geschichten erzählen zu können. So müssen Fragen nach dem Kennenlernen des Mannes, nach der Hochzeit und auch über die Trennung beantwortet werden können. Man kann sich vorstellen, wie enorm belastend solch eine Lebenslüge und vor allem das Schweigen über die erlittene sexuelle Gewalt ist. Wie die Analysen zeigen, hat eine derart in Geheimnisse und fiktive Erlebnisse eingewobene Vergangenheit ganz erhebliche psychische und biographische Folgen für die Nachfolgegenerationen und wird dann auch vor allem von der Generation der Enkel und Enkelinnen in psychischen und psychosomatischen Symptomen ausagiert. Die Studie umfasst mit der jüdischen Familie Zweig eine Fallstudie mit dem Schwerpunkt auf den vermutlich fiktiven Anteilen in der Lebensgeschichte. Damit zeigt die Autorin das methodische Vorgehen des biographisch-narrativen Interviews auf und verdeutlicht, welche Chancen man bei der Aufdeckung von Mythen und von fiktiven Vergangenheitskonstruktionen mit einer sorgfältigen Interviewführung und mit biographischen Fallrekonstruktionen hat. So plädiert die Verfasserin bei der Auswertung von erzählten Lebensgeschichten nicht für eine Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion, sondern für die Unterscheidung zwischen verschiedenen Wirklichkeiten: der erlebten und der erzählten. (ICG2)
%C CHE
%C Zürich
%G de
%9 Sammelwerksbeitrag
%W GESIS - http://www.gesis.org
%~ SSOAR - http://www.ssoar.info