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https://doi.org/10.21241/ssoar.103746
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"Gender-Wahn stoppen" (AFD): wer sich wie und warum gegen die Kontingenz von Sexualität und Geschlecht artikuliert
[conference paper]
Corporate Editor
Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Abstract Dass die Geschlechterdifferenz nicht auf ein asoziales, ahistorisches Faktum reduziert werden kann, ist eine weithin bekannte und vielfach erforschte Einsicht der multidisziplinären Gender Studies. Diese begreifen Geschlecht und die Geschlechterdifferenz bekanntermaßen hinsichtlich ihres ontologisch... view more
Dass die Geschlechterdifferenz nicht auf ein asoziales, ahistorisches Faktum reduziert werden kann, ist eine weithin bekannte und vielfach erforschte Einsicht der multidisziplinären Gender Studies. Diese begreifen Geschlecht und die Geschlechterdifferenz bekanntermaßen hinsichtlich ihres ontologischen Status, ihrer Relevanz für alle Sphären des Sozialen und hinsichtlich ihrer spezifischen Materialität und Form als ein immer vorläufiges Resultat gesellschaftlicher Praxis und Strukturen. Hierauf zielt seit Jahrzehnten der in der empirischen Forschung genutzte Begriff [Gender]. Seit mittlerweile etlichen Jahrzehnten wird sozial- und kulturwissenschaftlich auch die Sphäre der Sexualität/des Begehrens als tiefgreifend sozial und politisch 'gemacht' analysiert. Nicht nur, aber auch im Rahmen der - auch in der deutschsprachigen Soziologie rezipierten - Queer Studies wird hier Sexualität als "soziale Tatsache" (Durkheim) untersucht. Zeitlich parallel hat sich politisch weltweit - und damit auch in Europa wie in Deutschland - seit der Weltfrauenkonferenz von Beijing 1995 der [Gender] als key concept etabliert. In der Gleichstellungspolitik hat [Gender] hier vielfach den Begriff [Frauen] ersetzt. Wenn auch je unterschiedlich akzentuiert, wird in Theorie wie politischer Praxis [Gender] dabei im Wesentlichen als ein post-essentialistisches, reflexives und kontingentes Konzept verstanden und verwendet. Und damit als gestaltungsoffene Dimensionen des Sozialen, mithin also als Aspekt einer offenen - reflexiven, freiheitlichen - Gesellschaft. Unser Beitrag geht hiervon ausgehend der Frage nach, welche Akteur_innen in welcher Weise und mit welchen Absichten Gender als Begriff und Konzept ausdrücklich ablehnen, attackieren und zu diffamieren suchen. Wie unsere ersten, diskursanalytisch orientierten Studien zeigen, sind es in Deutschland wie in Europa vor allem rechtspopulistische Konstellationen, die gegen den vermeintlichen "Genderwahn" zu Felde ziehen. Im Zentrum steht die Überlegung, dass sich mit der Chiffre 'Anti-Genderismus' ein Diskurs formiert hat, der nicht nur viele, durchaus heterogene, Konstellationen zwischen rechtsextremen Kameradschaften über rechtskonservative Verbindungen und Parteien und dem Vatikan bis hin zum bürgerlichen Feuilleton verbindet, sondern der auch als neo-fundamentalistisch und explizit anti-wissenschaftlicher Diskurs zu bezeichnen ist. Jene, die die diffamierende Rede führen, haben dabei, so unsere These, durchaus verstanden, was der gender turn impliziert, nämlich in der Tat ein post-naturalistisches beziehungsweise post-essentialistisches, ergo gestaltungsoffenes Verständnis von Geschlecht. Hier artikulieren sich u.E. tatsächlich 'Feinde der offenen Gesellschaft', insofern sich diese spezifische Diskreditierungsfigur der Anti-Wissenschaftlichkeit gegenwärtig europaweit mit (rechts-)populistisch-fundamentalistischen Rhetoriken und Dynamiken verbindet, die sich ausdrücklich gegen erreichte Reflexivierungs- und Gestaltungsfreiheiten stemmen. Anti-Wissenschaftlichkeit wird so identifizierbar als Element eines Dispositivs, das im Kern und vorbehaltlich weiterer Klärungen anti-etatistischer und demokratiefeindlicher Natur ist. Der Vortrag greift auf empirisches Material zurück, um das 'wer sagt was wo' eines neo-fundamentalistischen Diskurses zu diskutieren.... view less
Keywords
gender; populism; sexuality; open society; gender-specific factors; political right; gender; ideology
Classification
Women's Studies, Feminist Studies, Gender Studies
General Sociology, Basic Research, General Concepts and History of Sociology, Sociological Theories
Collection Title
Geschlossene Gesellschaften: Verhandlungen des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bamberg 2016
Editor
Lessenich, Stephan
Conference
38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Geschlossene Gesellschaften". Bamberg, 2016
Document language
German
Publication Year
2017
ISSN
2367-4504
Status
Published Version; reviewed