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%T Renaissance der Städte? Zum Gemeinwesen urteilender Bürger
%A Reimer, Romy
%P 70
%V 13
%D 2008
%= 2011-03-28T15:26:00Z
%~ USB Köln
%> https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-193478
%U http://www.wiso.uni-hamburg.de/fileadmin/sozialoekonomie/zoess/reimer_II.pdf
%X "Die Untersuchung der frühen Städte zeigt, dass bei der Entstehung der Städte durch
Arbeitsteilung und eine zentralisierte Vorratswirtschaft Vorteile bei der Subsistenzsicherung
erzielt werden (1.1.2). Dabei verfestigen sich jedoch Machtungleichgewichte (1.1.3.1). Diese
Herrschaftsverhältnisse werden über religiöse Weltbilder legitimiert (1.1.3.2).
In der griechischen Polis erfolgt die Subsistenzsicherung in privaten, autarken
Hauswirtschaften (1.2.2.1). Davon klar getrennt entfaltet sich eine öffentliche, politische
Sphäre, in der Entscheidungen über den gemeinsamen Lebensraum von einer privilegierten
Gruppe von Bürgern nach demokratischen Regeln getroffen werden (1.2.2.2). Die Ethik des
„guten Lebens“ und der solidarischen Gemeinschaft zur Verteidigung der Freiheit bildet die
ideologische Basis der antiken Stadtgesellschaft (1.2.3).
Die gesellschaftliche Arbeitsteilung erreicht in der Stadt der Renaissance eine neue Qualität,
die sich in einer zunehmenden Bedeutung des Fernhandels und der städtischen Märkte, der
Ausweitung der Geldwirtschaft, der Entstehung von Manufakturen usw. zeigt (2.2.1). Das
Ziel, die Rahmenbedingungen für die wirtschaftlichen Aktivitäten zu sichern, wird zum
wichtigsten Inhalt der politischen Sphäre, in der weiterhin nur ökonomisch privilegierte
Gruppen politische Rechte besitzen (2.2.2). In der Renaissancestadt erfolgt die
legitimatorische Bindung über die Identität des Stadtbürgers, bei der Freiheit und
Leistungsfähigkeit allerdings schon nicht mehr in erster Linie im Hinblick auf die
Gemeinschaft, sondern im Hinblick auf die individuelle Verwirklichung gesehen werden
(2.3).
Die auf den gesamten Erdball ausgedehnte Arbeitsteilung mit dezentralen Produktionsstätten
führt zu einer Zentralisierung der Kontrolle des Produktionsprozesses, die in Global Cities
stattfindet. Die Städte konkurrieren um Bedeutung in einem Netz von internationalen Kapital-
, Waren- und Informationsströmen (3.1). Die vielfältigen Elemente des menschlichen Lebens
werden zunehmend in die Form von Waren gezwungen und auf Märkten getauscht, dabei
nimmt die Spaltung der Stadtbewohner in begünstigte und benachteiligte Gruppen zu (3.2.1).
Individuelle Interessen dominieren über die Interessen der Allgemeinheit in der Politik, wobei
die Gemeinschaft der Stadtbürger von der Regierung ausgeschlossen bleibt. Der
soziokulturelle städtische Raum wird zur Ware und den Profitinteressen und
Konsumbedürfnissen am globalen Markt angepasst (3.2.2.3). Die Legitimation der
Gesellschaftsordnung in der global orientierten Stadt erfolgt über die neoliberale Ideologie
mit dem Heilsversprechen, dass der Markt und das individuelle Nutzenmaximieren über
wirtschaftliches Wachstum alles zum Guten wenden werde (3.3). Die Ideologie der
„unsichtbaren Hand“ reproduziert sich in der marktorganisierten medialen Öffentlichkeit. Die
Medien verlieren mit dem Verdrängen des Räsonnements durch massenkompatible Inhalte
weitestgehend ihre Funktion als (Verständigungs-/Vermittlungs-)Raum demokratischer
Öffentlichkeit. Auch darin zeigt sich ein Mechanismus, der der Verwirklichung allgemeiner
Interessen entgegenwirkt.(3.2.2.2)
Eine Renaissance der Stadt ist bestenfalls im Hinblick auf die ökonomische Bedeutung
festzustellen, während politisch-demokratische Fortschritte, die in Städten früherer Epochen
bereits gemacht wurden, wieder verloren gehen." [Autorenreferat]
%C DEU
%C Hamburg
%G de
%9 Arbeitspapier
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%~ SSOAR - http://www.ssoar.info