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%T Klasse und Klassengesellschaft: zur Entkopplung zweier Begriffe
%A Kieserling, André
%E Rehberg, Karl-Siegbert
%P 4425-4436
%D 2006
%I Campus Verl.
%@ 3-593-37887-6
%= 2010-10-01T14:35:00Z
%~ DGS
%> https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-142050
%X Die seit Jahrzehnten geführte Diskussion über den Sinn von Begriffen wie Klasse und Klassengesellschaft ist völlig unzureichend, und zwar vor allem deshalb, weil sie zwischen diesen beiden Begriffen nicht deutlich genug unterscheidet. So schlägt der Autor vor, zwischen Klasse und Klassengesellschaft deutlicher zu differenzieren. Man wird sich rasch darauf einigen können, dass der Klassenbegriff, in welcher Definition auch immer, soziale Einheiten bezeichnet, die in der Gesellschaft vorkommen. Gesellschaft ist demgegenüber der Begriff für die umfassendste soziale Einheit. Also enthält die Gesellschaft nicht nur die Klassen, sondern auch alle anderen sozialen Einheiten: alle Interaktionen, alle Organisationen, alle sozialen Bewegungen usw. Mit dem Begriff einer Klassengesellschaft kann man vor diesem Hintergrund zwei verschiedene Bedeutungen verbinden: Entweder er wird eingesetzt, um das schlichte Faktum zu bezeichnen, dass es sich um eine Gesellschaft handelt, in der Klassen vorkommen und reproduziert werden - neben jenen anderen sozialen Einheiten, die ebenfalls vorkommen und ebenfalls reproduziert werden. Der Begriff ist dann aber theoretisch nicht sehr ergiebig. Jede anspruchsvollere Verwendung des Begriffs einer Klassengesellschaft muss sich auf das Verhältnis der Klassen zu jenen anderen sozialen Einheiten beziehen, die ebenfalls vorkommen und reproduziert werden. Und sie muss den Ehrgeiz haben, die Struktur dieser Einheiten auf das Klassenverhältnis selber zurückzuführen. Nicht die bloße Existenz sozialer Klassen sollte man also mit dem Begriff einer Klassengesellschaft belegen, sondern den Anspruch auf gesamtgesellschaftliche Zentralität der Klassenstruktur. Bei der Suche nach einer Theorie, die diesen starken Begriff tragen könnte, wird auf das Überbautheorem von K. Marx hingewiesen. In den Autonomieansprüchen der Funktionssysteme - ob nun Religion oder Staat oder Kunst - sieht Marx nur den Überbau einer Klassengesellschaft. Die weiteren Ausführungen zeigen auf, dass die postmarxistische Theorieentwicklung, was immer sie mit Hinblick auf Schichtung besagen mag, das Überbautheorem ruiniert hat. Seither befindet sich die Hypothese der Klassengesellschaft in einem Zustand theoretischer Obdachlosigkeit. Während man Marx in der Tat für die These zitieren kann, die moderne Gesellschaft sei eine Klassengesellschaft, würde dies schon bei M. Weber und erst recht bei P. Bourdieu nicht funktionieren. (ICG2)
%C DEU
%C Frankfurt am Main
%G de
%9 Sammelwerksbeitrag
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