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@article{ Bierstedt2025, title = {Selbstreflexivität als Erkenntnischance - am Beispiel der Forschung zu DDR-Leistungssportler*innen als Dopingopfern}, author = {Bierstedt, Annemarie}, journal = {Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research}, number = {2}, volume = {26}, year = {2025}, issn = {1438-5627}, doi = {https://doi.org/10.17169/fqs-26.2.4282}, abstract = {Selbstreflexion der Forschenden ermöglicht es, Subjektivität und Forschungsinteraktion als produktive Erkenntnischance zu nutzen. In diesem Beitrag veranschauliche ich meinen selbstreflexiven Erkenntnisprozess, durch den vor dem Hintergrund des vorherrschenden einseitigen Diskurses zur DDR-Leistungssport- und Dopingvergangenheit eine Erweiterung meiner Interpretationsperspektive möglich wurde. In der Studie führte ich 15 biografisch-narrative Interviews (SCHÜTZE 1983) mit DDR-Leistungssportler*innen, von denen einige staatlich anerkannte Dopingopfer waren, und wertete diese nach der reflexiven Grounded-Theory-Methodologie (BREUER, MUCKEL & DIERIS 2019) aus. Schwerpunkt dieses Artikels ist der Wandel meiner Sichtweise auf den Untersuchungsgegenstand, den ich anhand der Arbeitsschritte des Feldzugangs, der Interviewerhebung sowie ausgewählter Ergebnisse nachzeichne. Bereits meine Bemühungen zur Rekrutierung von Gesprächspartner*innen, die zu den im wissenschaftlichen Kontext üblichen Opfernarrationen kontrastierende Sichtweisen äußerten, deuten auf die problematische gesellschaftliche Aushandlung der DDR-Vergangenheit im Feld hin. Eine weitere Erkenntnis war, die hervorgebrachten psychologisierten Opfernarrationen sowohl als Interaktionseffekt als auch als Konstruktionsprodukt zwischen mir als Forscherin mit meinen Präkonzepten und den Darstellungen der Erzählenden in der Interviewsituation zu verstehen. Mit den rekonstruierten Erfolgs- und Entwicklungs- sowie den leidbedingten Wachstumsnarrationen konnte ich das Spektrum an Selbstdeutungs- und Verarbeitungsweisen von DDR-Athlet*innen erweitern und differenzieren. Für die Forschungspraxis zur DDR lässt sich die Bedeutung einer selbstreflexiven methodischen Vorgehensweise sowie einer sozialkonstruktivistischen Perspektive auf biografische Selbstkonstruktionen ableiten.Self-reflexivity enables researchers to use subjectivity and research interaction as productive sources of insight. In this article I present my self-reflexive process of knowledge generation which - against the backdrop of the prevailing one-sided discourse on GDR elite sports and doping - allowed for an expanded interpretative perspective. I conducted 15 biographical-narrative interviews (SCHÜTZE, 1983) with former GDR elite athletes, some officially recognized as doping victims, and analyzed them using reflexive grounded theory methodology (BREUER, MUCKEL & DIERIS, 2019). The article focuses on how my view of the research subject evolved, tracing this transformation through field access, interview collection, and selected findings. Recruiting interviewees whose perspectives diverge from dominant victim narratives in the academic context highlights the problematic societal negotiation of the GDR past. Another insight involved recognizing psychologized victim narratives as both an interactional effect and a construct emerging between me as a researcher - with my preconceptions - and the narrators' representations in the interview situation. By reconstructing narratives of success, personal development, and suffering-induced growth, I was able to broaden the spectrum of self-interpretation and coping strategies among former GDR athletes. The study underlines the value of a self-reflexive methodological approach and a social-constructivist perspective on biographical self-constructions in research on the GDR.}, keywords = {DDR-Forschung; GDR research; Leistungssport; competitive sports; Doping; doping; Biographie; biography; Reflexivität; reflexivity; Selbstbild; self-image; Narration; narration; Identität; identity; soziale Konstruktion; social construction}}