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@article{ Schubert2020,
 title = {PrEP als demokratische Biopolitik: Zur Kritik der biopolitischen Repressionshypothese - oder: die pharmazeutische Destigmatisierung des Schwulseins},
 author = {Schubert, Karsten},
 journal = {Jahrbuch Sexualitäten},
 pages = {91-125},
 address = {Göttingen},
 year = {2020},
 isbn = {978-3-8353-3786-2},
 urn = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-68166-7},
 abstract = {PrEP (Präexpositionsprophylaxe) ist ein relativ neues Mittel zur Prävention von HIV-Infektionen. HIV negative Menschen nehmen antivirale Medikamente ein, die verhindern, dass der Kontakt mit dem Virus zu einer Infektion führt. Im Gegensatz zum Kondomgebrauch basiert dieses Präventions verfahren auf Medikamenten und nicht auf einer Verhaltensänderung. Aus der Perspektive der Biopolitik fügt sie sich in einen größeren Trend in Richtung Medikalisierung, des Anstiegs der Macht der Pharmaindustrie und der Reglementierung des Risikos ein. Sexuelles Verhalten ist das Ergebnis der Subjektivierung, des Prozesses, durch den soziale Normen Subjekte und ihre Wünsche bilden. Die Medikalisierung von schwulem Sex durch PrEP verändert die sexuelle Subjektivierung und geht daher mit einer Veränderung der Praktiken von schwulem Sex einher. Wo das Kondom das unbestrittene Mittel für Safer Sex war, ist es im Zeitalter von PrEP – zumindest im Blick auf HIV – technisch nicht mehr notwendig. Viele Schwule nutzen die neue Möglichkeit, sich auf kondomlosen und sicheren Sex einzulassen. Aber je mehr Menschen PrEP nehmen, desto mehr ändert sich die sexuelle Norm hin zu kondomlosem Sex, was den Einzelnen unter Druck setzen könnte, PrEP zu nehmen. Nach einer kurzen Erläuterung der medizinischen Besonderheiten und der Geschichte von PrEP (1) vereint dieser Artikel eine Rekonstruktion zeitgenössischer theoretischer Ansätze zur Biopolitik im Zusammenhang mit PrEP (2) mit einer Darstellung aktueller politischer Debatten um PrEP (3). Die Untersuchung zeigt, dass sich Gouvernementalitätsstudien und die Italienische Theorie auf repressive Machtverhältnisse konzentrieren und daher die Komplexität der Debatte nicht berück-sichtigen können, die sich aus der Subjektivität und Handlungsfähigkeit verschiedener beteiligter Akteure, insbesondere schwuler PrEP-Aktivisten, ergibt. Dennoch werden Interpretationen von PrEP als repressiver Macht auch von einigen Akteuren in der politischen Debatte um PrEP genutzt, meist ohne ausdrücklichen Bezug zur biopolitischen Theorie. Nikolas Roses und Paul Rabinows differenziertes Konzept der Biopolitik bietet einige Ansätze wie diejenigen der biopolitischen Bürgerschaft und der somatischen Ethik, um die Debatte um PrEP und die damit verbundenen komplexen Verhandlungen über Sexualität zu beschreiben. Ausgehend von diesen Ideen entwickle ich ein neues Konzept der ‚demokratischen Biopolitik‘ von PrEP, die eine weitere Demokratisierung der Sexualität im biopolitischen Zeitalter ermöglicht. Der Artikel kritisiert so die ‚biopolitische Repressionshypothese‘, also die Konzentration auf repressive Biomacht unter Ausblendung von demokratischen Elementen in weiten Teilen der biopolitischen und gouvernementalitätsanalytischen Debatte.},
 keywords = {Gouvernementalität; Subjektivierung; AIDS; governmentality; AIDS; heterosexuality; Heterosexualität; Biopolitik; subjectivation; biotechnology policy; Normativität; Foucault, M.; Medikalisierung; Foucault, M.; normativity; medicalization}}