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Religiöse Segregation - Die unheilige Allianz zwischen puritanischer Orthodoxie, kulturellem Traditionalismus und (neuen) Formen sozialer Schließung
Religious segregation - the unholy alliance between puritan orthodoxy, cultural traditionalism and (new) forms of social closure
[Sammelwerksbeitrag]
Körperschaftlicher Herausgeber
Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Abstract "Von 1987 bis 2003 sind aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion etwa 2,4 Millionen (Spät-)Aussiedler nach Deutschland zugewandert. Auffällig ist dabei ein in den letzten Jahren sich verstärkender Trend zum Rückzug in eigenethnische Lebenszusammenhänge, die vom Familienverband über Gruppen- und Woh... mehr
"Von 1987 bis 2003 sind aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion etwa 2,4 Millionen (Spät-)Aussiedler nach Deutschland zugewandert. Auffällig ist dabei ein in den letzten Jahren sich verstärkender Trend zum Rückzug in eigenethnische Lebenszusammenhänge, die vom Familienverband über Gruppen- und Wohnenklaven ('Russenviertel') bis zu Nischenökonomien reichen. In diesem Prozess freiwilliger Segregation spielt auch das religiöse Bekenntnis und insbesondere die Zugehörigkeit zu einer freikirchlichen Gemeinde eine wichtige Rolle. Traditionell sind diese Gemeinschaften sehr dogmatisch und empfinden sich als Erneuerer des urchristlichen Gemeindelebens, wobei in Fortführung der puritanischen Bewegung und Geisteshaltung ein gottgefälliges und tugendhaftes Leben die obersten Maximen darstellen. Besonders gefährdet scheinen ihnen diese Lebensziele in Umbruchzeiten, die eine besondere Wachsamkeit und Widerständigkeit erfordern, um den Gefahren des Ordnungsverlustes im 'Gemischtwarenladen Deutschland', wie ein Mitglied einer Baptistengemeinde die an Anomie grenzende Pluralität seiner neuen Heimat umschrieben hat, zu entgehen. Durch Rückgriff auf tradierte Rollen, Regeln und Institutionen, die primär religiös legitimiert sind, soll das - gerade für die Kinder und Jugendlichen - allseits drohende Unheil abgewendet werden. Theologisch konservative Einstellungen und eine strenge Ethik verbinden sich hier zu einem rigiden und sinnenfeindlichen Lebensstil. Denn Konsumgüter und Medien, Sport und Freizeitvergnügungen werden kategorisch abgelehnt. Und analog zu der 1993 in den USA von einem Baptisten- Pfarrer initiierten 'True-Love-Waits-Bewegung' wird das Keuschheitsideal zu einer sexualmoralischen Norm erklärt, deren Übertretung nicht nur als Verlust der Reinheit gilt, sondern auch in Beziehung gesetzt wird zu der weltweit grassierenden AIDSEpidemie als Folge und Strafe für sexuelle Ausschweifungen. Dass die religiösmoralischen Ansichten in den Freikirchler-Gemeinden die Toleranz des gesellschaftlichen Umfeldes nicht nur herausfordern, sondern bisweilen auch überfordern, zeigt sich vor allem im schulischen Kontext. Denn wem Stillarbeitsphasen im Vorschulunterricht 'als Einfallstor des Teufels', so ein Vertreter des Ältestenrates einer Baptistengemeinde, gelten, kann in einer säkularisierten Erziehungseinrichtung kaum auf Verständnis hoffen. Die Abmeldung aller Kinder aus dem Kindergarten, wie in diesem Fall geschehen, dürfte keine Lösung sein, führt sie doch zu einer Akzentuierung kulturell- religiöser Unterschiede, die einer interreligiösen und -kulturellen Öffnung diametral entgegenstehen." (Autorenreferat)... weniger
Thesaurusschlagwörter
Bundesrepublik Deutschland; Russland; Sexualverhalten; Fundamentalismus; postsozialistisches Land; Subkultur; soziale Integration; Russe; Sekte; Puritanismus; Segregation; Übersiedler; Baptismus; Exklusion; Stadtentwicklung; Religion; UdSSR-Nachfolgestaat; Religionsgemeinschaft; ethnische Beziehungen
Klassifikation
Soziologie von Gesamtgesellschaften
Migration
Kultursoziologie, Kunstsoziologie, Literatursoziologie
Religionssoziologie
Methode
deskriptive Studie
Titel Sammelwerk, Herausgeber- oder Konferenzband
Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2
Herausgeber
Rehberg, Karl-Siegbert
Konferenz
32. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Soziale Ungleichheit - kulturelle Unterschiede". München, 2004
Sprache Dokument
Deutsch
Publikationsjahr
2006
Verlag
Campus Verl.
Erscheinungsort
Frankfurt am Main
Seitenangabe
S. 260-274
ISBN
3-593-37887-6
Status
Veröffentlichungsversion; begutachtet
Lizenz
Deposit Licence - Keine Weiterverbreitung, keine Bearbeitung