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https://doi.org/10.21241/ssoar.103974
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Die geschlossene Gesellschaft und ihre Feindinnen: Biographische Konstruktionen von politisch inhaftierten Frauen in der DDR
[Konferenzbeitrag]
Körperschaftlicher Herausgeber
Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Abstract Der Staatssozialismus der DDR war seinem Anspruch nach hoch integrativ. Sozial-, bildungs- und wirtschaftspolitische Maßnahmen sollten die mangelnde Legitimität des SED-Regimes kompensieren. Insb. Frauen profitierten im hohen Maße von der Bildungsexpansion, den sich ausweitenden Frauenrechten, den A... mehr
Der Staatssozialismus der DDR war seinem Anspruch nach hoch integrativ. Sozial-, bildungs- und wirtschaftspolitische Maßnahmen sollten die mangelnde Legitimität des SED-Regimes kompensieren. Insb. Frauen profitierten im hohen Maße von der Bildungsexpansion, den sich ausweitenden Frauenrechten, den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, sowie dem Recht auf einen Arbeitsplatz. Zugleich blieben strukturelle Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen weiterhin bestehen. Zudem oszillierten diese sozial- und familienpolitischen Maßnahmen in einem für Diktaturen eigentümlichen Verhältnis von Zwang und Emanzipation. Das Lebenslaufregime der DDR ragte durch Wohnungspolitik, Bildungsdelegation, fiskalische Anreize (z.B. Kindergeld) und Steuerung der Berufswahl enorm in die Biografien hinein. Ausgrenzung und Integration bildeten ein dialektisches Zwillingspaar. So blieben trotz dieser integrativen Maßnahmen, verstärkt durch ein hoch affirmatives Bildungssystem, Republikflucht und ab Mitte der 70er-Jahre die Ausreisebewegung ein zentrales Problem des SED-Regimes, welches durch Verfolgung, Zersetzung und Inhaftierung handhabbar gemacht werden sollte. Doch wieso wirkten bei den Ausreisewilligen die integrativen Mechanismen des SED-Staates nicht und welche biographischen Konsequenzen hatten die Repressionsmaßnahmen des MfS? An Hand einer biographietheoretischen Studie, in der ehemalig politisch inhaftierte Frauen aus der DDR interviewt wurden, können einige zentrale Befunde konstatiert werden: (1) Desintegrationsprozesse aus dem sozialstaatlichen Sicherungssystem lassen sich in aktiven Ausstiegsbewegungen, akzidentellen Verlaufskurven und anomischen Schicksalsschlägen unterscheiden. (2) In den drei Formen lassen sich unterschiedliche Ausgrenzungs- und Desintegrationsprozesse konstatieren. (3) Reaktionen auf diese Ausgrenzungsmechanismen sind Wandlungsprozesse, die neue Selbst-Welt-Verhältnisse erzeugen, die mit einem radikalen Bruch der DDR-Gesellschaft einhergehen. Es ergibt sich daraus die möglicherweise kontraintuitive These, dass es gerade die Inflexibilität und Allgegenwärtigkeit der sozialistischen Integrationsmechanismen war, die den alternativlosen Integrationszwang zu einer paradoxen Form der Ausgrenzung machen konnte. Dies wäre anhand einiger Fallbeispiele, deren Typus als "Zusammenbruch der Normalbiographie" zu bezeichnen ist, zu zeigen.... weniger
Thesaurusschlagwörter
Biographie; DDR; Frau; Freiheitsstrafe; politischer Gefangener; Sozialismus; Ideologie; Sozialisation
Klassifikation
Sozialgeschichte, historische Sozialforschung
Freie Schlagwörter
Lebenslaufregime
Titel Sammelwerk, Herausgeber- oder Konferenzband
Geschlossene Gesellschaften: Verhandlungen des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bamberg 2016
Herausgeber
Lessenich, Stephan
Konferenz
38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Geschlossene Gesellschaften". Bamberg, 2016
Sprache Dokument
Deutsch
Publikationsjahr
2017
ISSN
2367-4504
Status
Veröffentlichungsversion; begutachtet