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%T Habitus und Habitualisierung: zur Komplementarität von Bourdieu mit dem Sozialkonstruktivismus
%A Knoblauch, Hubert
%E Rehbein, Boike
%E Saalmann, Gernot
%E Schwengel, Herrmann
%P 187-201
%D 2003
%I UVK Verl.-Ges.
%@ 3-89669-734-X
%= 2008-05-23T13:40:00Z
%~ SSOAR
%> https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-7315
%X Man mag meinen, Bourdieus Begriff des Habitus sei nun schon zur Genüge diskutiert worden, und in gewisser Weise möchte ich dem auch zustimmen (als Überblick vgl. Krais und Gebauer 2002). Im Zentrum dieses Beitrags steht denn auch keineswegs der Begriff des Habitus, wie er von Bourdieu entwickelt wurde. Im Mittelpunkt soll hier vielmehr der Vergleich zwischen diesem Begriff und der Theorie der Habitualisierung stehen, wie sie von Berger und Luckmann (im Anschluss an Gehlen) entwickelt und vorgestellt wurde. Dieser Vergleich, dessen größerer Teil der Rekonstruktion von Berger und Luckmanns Ansatz gewidmet sein soll, weist m.E. auf eine gewisse gegenseitige Rezeptionsschwäche hin: Die späte Übersetzung der "gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit" ins Französische und auch die fehlenden Referenzen auf diese Arbeit in Bourdieus früheren Arbeiten weist darauf hin, dass die sozialkonstruktivistische Wissenssoziologie – immerhin einer der einflussreichsten Ansätze seit den 60er Jahren – in der formativen Phase von Bourdieus Theorie kaum wahrgenommen wurde. (Tatsächlich war auch der wissenschaftspolitische Ort der späten Rezeption von Berger und Luckmann nicht besser geeignet, eine Rezeption von Seiten Bourdieus zu fördern. Übrigens beruht diese fehlende Rezeption durchaus auf Gegenseitigkeit. Bourdieu selbst musste erst eine große Berühmtheit erlangen, um von der Wissenssoziologie wahrgenommen zu werden.) Diese fehlende Wahrnehmung (ein besonders im deutsch-französischen Austausch bekanntes Phänomen) hatte auch zur Folge, dass offenkundige Parallelen der Theorie und der Forschung bislang wenig zur Kenntnis genommen wurden. Diese Parallelität (oder Komplementarität, wie ich sie unten nennen möchte) wird besonders virulent seit Bourdieus Arbeit über "das Elend der Welt" (Bourdieu 1993a; 1997b). Denn spätestens hier schreibt er – unter anderem auch durch den Einsatz der qualitativen Methode – der "Subjektivität" eine Bedeutung zu, die zuvor in seinem Werk nicht (jedenfalls nicht in diesem Ausmaß) sichtbar geworden war. Dies ist auch der Grund, der zum Vergleich mit der sozialkonstruktivistischen Wissenssoziologie führt. Denn dieser Ansatz zeichnet sich nicht nur systematisch durch das aus, was in der theoretischen Diskussion (keineswegs sehr genau) als Subjektiorientierung bezeichnet wird. Und zum anderen weist er eine große Nähe zu qualitativen Forschungsansätzen auf und war an der Entstehung und Entwicklung mehrerer solcher Ansätze beteiligt (vgl. Knoblauch 2000). Vor diesem Hintergrund scheint es nur folgerichtig, beim Begriff des Habitus anzusetzen, um einen solchen Vergleich anstellen zu können. Denn im Werk Bourdieus ist Habitus sozusagen das Bindeglied zwischen Gesellschaft und Subjekt (genauer vielleicht: das Einfallstor der Gesellschaft ins Subjekt). Der Beitrag verfolgt zunächst eine allgemeinere Gegenüberstellung vergleichbarer Begriffe beider Theorieansätze. Dabei zeigt sich, dass die Vorstellung der Doxa große Ähnlichkeiten mit dem (Schelerschen) Begriff der relativ-natürlichen Weltanschauung aufweist; entsprechende Parallelen finden sich auch zwischen der Verkörperlichung und der Leiblichkeit, der Unbewusstheit und der Sedimentierung, der Pluralität sowie der Vermitteltheit. Vor diesem Hintergrund soll dann die Theorie der Habitualisierung kurz skizziert werden. Dabei soll die These vertreten werden, dass beide Begriffe als komplementär betrachtet werden können: Während Habitus die sozialstrukturellen Aspekte menschlichen Handelns in den Vordergrund stellen, erlaubt es der Begriff der Habitualisierung, die subjektive Genese des Habitus zu skizzieren. Damit eröffnet er auch eine Möglichkeit, die bei Bourdieu häufig vernachlässigte Dimension des Subjektiven bzw. des Bewusstseins in den Blick zu bekommen.
%C DEU
%C Konstanz
%G de
%9 Sammelwerksbeitrag
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