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%T Verhaften oder verhandeln: der Internationale Strafgerichtshof und seine Auswirkungen auf die politischen Handlungsoptionen am Beispiel Libyen
%A Janssen-Holldiek, Kirstin
%P 30
%V 4
%D 2011
%@ 1611-7034
%= 2012-08-28T15:36:00Z
%~ USB Köln
%> https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-367680
%X "Seit dem 26. Februar 2011 befasst sich der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) mit den in Libyen verübten schwersten Verbrechen. In diesem Zusammenhang haben die Richter des IStGH am 27. Juni 2011 Haftbefehle gegen bislang drei Personen, darunter Muammer el-Khadafi, erlassen. Die folgende Analyse konzentriert sich auf die Fragen, in welchem Rahmen der IStGH tätig werden kann und welche Auswirkungen die strafverfolgende Tätigkeit des IStGH auf den Konflikt in Libyen hat. Dabei kommt die Analyse zu folgenden Ergebnissen: Mit der Mandatierung des IStGH in einer Situation1 wird der politische Verhandlungsspielraum deutlich eingeschränkt. Dabei tritt der IStGH als eigene Völkerrechtsperson auf. Politische Absprachen müssen folglich die richterlichen Entscheidungen nicht nur respektieren, sondern diese auch einkalkulieren. Eine vorübergehende Einstellung der Ermittlungen oder eines Verfahrens ist dabei nur durch die entsprechende Mehrheit im Sicherheitsrat zu erwirken. Deshalb kann Straffreiheit nicht mehr garantiert werden und ist somit auch kein Anreiz zum Machtverzicht. Die Befassung des IStGH hat zudem Auswirkungen auf die Konfliktbeteiligten. Dabei unterscheidet der IStGH nicht nach politischen Interessen und Agenden, sondern urteilt über die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit. Dies kann dazu führen, dass Machthaber, die schwerste Verbrechen begangen haben, sich noch fester an ihre Macht klammern und diese mit Gewalt durchsetzen wollen. Dagegen dürften Personen, die sich derartiger Verbrechen noch nicht schuldig gemacht haben, sich davon stärker distanzieren wollen. Zudem scheinen die Ermittlungen des IStGH auch das Bewusstsein in der Region für eine strafrechtliche Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu erhöhen und Prozesse hinsichtlich einer Ratifizierung des Rom-Statuts anzuregen. So fördert die Auseinandersetzung mit dem IStGH etwa in Afrika eine größere Selbstreflexion hinsichtlich der Einhaltung der Afrikanischen Charta. Der IStGH ist kein Allheilmittel bei der Konfliktbefriedung, sondern kann dazu nur einen juristischen Beitrag leisten. Zudem ist er auf den politischen Willen der Staaten angewiesen. Wo bzw. wann Völkerstrafrecht angewandt wird, bleibt dabei auch eine Frage von politischen Interessen. Mächtige Staaten sind nach wie vor prinzipiell wenig daran interessiert, eine unabhängige internationale Strafgerichtsbarkeit nachdrücklich zu unterstützen. Deshalb werden schwerste Verbrechen noch immer nicht überall mit gleicher Konsequenz verfolgt." (Autorenreferat)
%X "Since February 26, 2011 the International Criminal Court has been dealing with the most serious crimes in Libya. In this context, the ICC judges have issued arrest warrants for three people, among them Muammar al-Qaddafi. The following analysis focuses on the questions under what conditions the ICC can act and what impact the ICC’s work has had on the conflict in Libya. The paper comes to the following conclusions: The ICC’s authorization regarding a situation considerably limits the political room to negotiate, since the ICC reveals itself as an independent subject of international law. Therefore political agreements not only have to respect but also consider judicial orders. A temporary deferral of an investigation or prosecution can only be obtained through a suitable majority within the Security Council. Consequently, assurances of impunity cannot be guaranteed and there are thus no more incentives to resign. The ICC impacts the people involved in the conflict. The ICC does not, however, distinguish between political interests and agendas, but rather makes judgments on individual criminal responsibility. As a result, rulers who have committed serious crimes cling even more so to power and violence. At the same time, it can also be a reason for people who have not become perpetrators to dissociate themselves from such crimes. Furthermore, the ICC’s investigations concerning Libya seem to have sensitized the consciousness in the region with respect to the prosecution of crimes against humanity and to have stimulated ratification processes for the Rome Statute. Thus, the debate on the ICC in Africa for example already fosters greater self-reflection regarding compliance with the African Charter. The ICC is not a panacea for conflict solution. It can complement, however, other measures and make a judicial contribution to it. Moreover, the Court depends on the political will of states. Where and when international law can be applied is also a question of political interests. It is notable that powerful states are principally less inclined to unconditionally support an independent international criminal jurisdiction. Accordingly, penalties for the most serious crimes are still not pursued with the same consistency." (author's abstract)
%C DEU
%C Berlin
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%9 Arbeitspapier
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