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%T "Wir Normalen" - "die Behinderten"? Erving Goffman meets Michel Foucault
%A Waldschmidt, Anne
%E Rehberg, Karl-Siegbert
%P 5799-5809
%D 2008
%I Campus Verl.
%@ 978-3-593-38440-5
%= 2010-10-01T15:22:00Z
%~ DGS
%> https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-153778
%X "Dass behinderte Menschen anders sind als 'wir Normalen' (Erving Goffman), wird üblicherweise nicht auf gesellschaftliche Einflüsse zurückgeführt, sondern auf gesundheitliche Störungen und Auffälligkeiten, die als objektiv feststellbare 'Naturtatsachen' angesehen werden. Entsprechend wird 'Behinderung' (disability) zumeist umstandslos mit 'Beeinträchtigung' (impairment) gleichgesetzt. In jüngster Zeit haben allerdings die Disability Studies darauf aufmerksam gemacht, dass es auch im Falle von Behinderung keine unhintergehbare Natur gibt. Demzufolge ist Behinderung ein eher unscharfer Oberbegriff, der sich auf eine bunte Mischung von unterschiedlichen Merkmalen bezieht, die nichts anderes gemeinsam haben als das Stigma sozialer Abweichung. In das Spannungsfeld von Natur und Kultur gerät man auch, wenn man zwei Theorieansätze vergleicht, die zur soziologischen Untersuchung von Behinderung verwendet werden. Seit mehr als vierzig Jahren stellt die interaktionistische Stigma-Theorie von Erving Goffman den dominanten Ansatz dar. In ihr bildet der Körper den impliziten Referenzpunkt für Stigmatisierung: Insbesondere sichtbare Abweichungen werden in Face-To-Face-Interaktionen zum Ausgangspunkt von Zuschreibungs- und Ausgrenzungsprozessen. Dabei lässt sich Goffman offensichtlich von der objektivistischen Grundannahme leiten, dass eine Behinderung tatsächlich existiert. Diese Prämisse kann man im Anschluss an die strukturtheoretisch akzentuierte Körpertheorie Michel Foucaults bestreiten. Marginalisierung gilt ihm nicht als Effekt beschädigter Körperlichkeit, sondern als Produkt wissenschaftlicher Diskurse und gesellschaftlicher Disziplinierung. Aus dieser Sicht produzieren Klassifikationssysteme wie die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) erst das, was sie vorzufinden meinen, nämlich 'Behinderung'. Zugleich naturalisiert die ICF ihren Gegenstand, indem sie auf Körperfunktionen und -strukturieren rekurriert und diese getrennt von Umweltbedingungen und sozialer Teilhabe konzeptionalisiert. In dem Beitrag geht es anhand eines Theorievergleichs um die Frage, wie Naturalität und Kulturalität von verkörperter Differenz miteinander verknüpft sind. Was ist ein behinderter Körper im Unterschied zum normalen Körper? Wie wird er in Interaktionen hergestellt, wie konstituiert er sich als soziale Tatsache? Zum anderen soll am Beispiel der ICF die Bedeutung von Klassifikationssystemen für doing disability wie auch making disability ausgelotet werden. Trägt die ICF zur Naturalisierung von Behinderung bei oder kann sie zu deren Überwindung genutzt werden?" (Autorenreferat)
%C DEU
%C Frankfurt am Main
%G de
%9 Sammelwerksbeitrag
%W GESIS - http://www.gesis.org
%~ SSOAR - http://www.ssoar.info